Nachdem wir meinen Platten annähernd fachmännisch repariert und in den Reifen einen Schlauch eingesetzt hatten, verließen Jonathan und ich Chile über die Grenze in der Nähe von Olacapato nach Argentinien.
(Der Bericht über Chile folgt und wird mein letzter sein).
Da wir weder gefrühstückt, noch zu Mittag gegessen hatten wurden wir von den Zöllnern mit etwas Brot und einem Apfel versorgt. Der Jahreswechsel stand kurz bevor und so dröhnte aus der Zollstation laute Musik und es roch nach einem festlichen Essen. Wir waren bis zu diesem Zeitpunkt des Tages, die einzigen Reisenden an diesem Grenzübergang.
Nach kurzer Unterhaltung und der Einreiseprozedur, setzten wir, gut gelaunt unsere Fahrt nach Salta fort.
Leider endete die Glückseligkeit keine 30 Kilometer hinter der Grenze mitten in der Wüste, da der Reifen wieder platt war. Der gerade eingesetzte Schlauch war gerissen.
Was also machen nach schon vier Stunden Arbeit und dem Wunsch es spätestens bis kurz vor Mitternacht ins noch 300 Kilometer entfernte Salta zu schaffen? Umdrehen und zur Zollstation oder weiter ins nächste Dorf, welches etwa 70 Kilometer entfernt wäre?
Wir entschieden weiterzufahren.
Ich war frustriert und sah uns schon mitten in der Wüste die Zelte aufschlagen und mit dem letzten Rest Wasser anstoßen.
Ich schickte Jonathan voraus um einen Truck, Jeep, Abschlepper, einen neuen Schlauch oder was auch immer zu organisieren und fuhr mit platten Reifen langsam weiter. Insgesamt waren es wackelige aber dennoch gute 40 Kilometer bis mitten im Nirgendwo ein kleines Dorf auftauchte. Aus der Ferne sah ich Jonathan dort warten. Wir fragten nach einer Werkstatt oder Gomeria und wie uns die Leute vor Ort sagten, gab es tatsächlich in nur drei Kilometern Entfernung eine. Endlich war Hoffnung in Sicht und so setzte ich ein letztes Mal mit plattem Hinterreifen zum Endspurt an. Zu unserer Freude existierte die Werkstatt wirklich! Ein Mann saß mit seinem kleinen Sohn vor seiner Hütte und hatte das Schild “Gomeria” an der Tür angebracht.
Ich zeigte ihm das Problem und wir machten uns daran das Hinterrad ein weiteres mal abzubauen. Da der Reifen zwei große Löcher hatte, wovon das größere an der Seite war, reparierte er nur den Schlauch. Nach einer Stunde konnten wir weiterfahren. Wir hatten noch 250 Kilometer vor uns, davon die ersten 60 wieder Offroad.
Gegen 19 Uhr und nach 11 Stunden Reisezeit, erreichten wir glücklicherweise ohne weitere Zwischenfälle den ersten größeren Ort, San Antonio de los Cobres.
Wir waren schon ziemlich fertig aber entschieden uns nach kurzer Überlegung weiter nach Salta zu fahren. Der Ort war nicht sonderlich ansprechend für eine Silvesterfeier, zudem war es kalt und sah nach Regen aus.
Wir tankten und machten uns auf den Weg ins noch 200 Kilometer entfernte Salta. Wir wurden mit wunderschönen Landschaften und einem noch schöneren Sonnenuntergang belohnt, und kamen letztendlich um 21:45 in Salta an. Nach einer weiteren Stunde der ergebnislosen Hostalsuche checkten wir in einem günstigen Hotel ein, machten uns fertig (wir waren schon extrem fertig), schleppten uns auf den Marktplatz, aßen zu Abend, stießen um 0:00 mit Bier an und vegetierten bis halb 2 vor uns hin. Wie gut, dass es der letzte Tag des Jahres war!
Nach einem Tag Pause, folgte ein Tag voller Erledigungen. Einer meiner Koffer war an der Halterung durch die permaneten Vibrationen, genauso wie ein Blinker und die Frontscheibenhalterung gebrochen. Es fehlte auch noch eine Versicherung und und und.
Abends um 8 war alles erledigt und es war endlich Zeit zu relaxen.
Am nächsten Tag und bei leichtem Regen trennten sich unsere Wege. Jonathan fuhr weiter in den Süden, um eine Etappe der Dakar zu sehen, ich fuhr in den Nordosten Richtung Paraguay.
Asuncion, die Hauptstadt Paraguays sollte mein nächster Stop werden. Ich hatte diesmal keine Schotterpisten vor mir, sondern konnte auf den über 1000 Kilometern und endlosen Geraden, endlich mal wieder Gas geben. Das brachte mich so weit das ich in einem kleinen Ort bei einer Privatperson 10 Liter Sprit kaufen musste, weil ich auf Reserve lief und keine Tankstelle in Sicht war.
Nach meiner Reise durch Paraguay folgten die ersten 20 Kilometer durch Brasilien, bevor ich bei Puerto Iguazú erneut nach Argentinien einreiste. Bei der Grenze war eine lange Schlange, in der ich mich etwas vordrängelte aber dennoch eine gute halbe Stunde in brütender Hitze warten musste. Als ich an die Reihe kam wurde mein Pass abgestempelt aber zu meiner Verwunderung bekam ich keine temporäre Fahrzeuggenehmigung ausgestellt. Ich fragte den Beamten fünf mal explizit nach diesem Dokument aber wie er mir sagte, wäre es nicht notwendig und so schickte er mich weiter. Nach einer ganz kurzen Zollkontrolle mit einem kurzen und seit Reisebeginn erstmaligen Blick in eine meiner Boxen fuhr ich nach Porto Iguazú.
Am nächsten Tag besuchte ich die spektakulären Wasserfälle von Iguazú. Durch das Wochenende herrschte Hochbetrieb und es war etwas anstregend aber ich konnte dennoch den Blick in den Höllenschlund und den Park genießen.
Nach meinem problemhaften Aufenthalt in Brasilien und dem teuren Aufenthalt in Uruguay, setzte ich mit der Fähre nach Buenos Aires über.
Ich war sofort von der Stadt beeindruckt und nutze meinen dreitägigen Aufenthalt um mir so viel wie möglich, anzuschauen. Am ersten Tag erkundete ich zu Fuß das Zentrum der Stadt.
Den zweiten Tag bekam ich ortskundige Begleitung von Micaela. Wir hatten uns in Mexiko kennengelernt und trafen uns hier ein zweites Mal. So war es viel angenehmer und unterhaltsamer die Stadt zu besichtigen. Wir schauten uns als erstes den eindrucksvollen Zentralfriedhof an.
Hier liegen in riesigen Mausoleen neben ehemaligen Präsidenten und Generälen auch andere berühmte Personen, wie Eva Peron oder Mitglieder reicher Großfamilien begraben. Die Mausoleen sind teilweise einsehbar, so dass man die gestapelten Särge sehen kann und ab und zu, wenn die Särge schon zerfallen sind, ein paar Knochen.
Nach dem Friedhof fuhren wir mit der U-Bahn ins legendere Viertel Boca, wo auch der gleichnamige Fußballverein, mit seinen extrem fanatischen Fans, die Boca Juniors angesiedelt ist. Das Viertel Boca ist abgesehen von dem Fußball Club auch bekannt für Tango und seine bunten Häuserfassaden.
Nach über neun Stunden unterwegs im Herzen der Hauptstadt Argentiniens war es an der Zeit die Stadtbesichtigung zu beenden. Micaela fuhr mit der U-Bahn nach Hause, nach la Plata und ich ruhte mich für die anstehende Weiterfahrt aus. Muchas gracias Micaela!
Von Buenos Aires fuhr ich Richtung Südwesten nach San Carlos de Bariloche. Es ging mitten durch die Pampa. Drei Tage dauerte die Fahrt und führte mich vorbei an endlosem, durchweg eingezäuntes Farmland, unzähligen Estancias und kleinen Dörfern.
Je weiter ich in den Süden vorstieß umso abwechslungsreicher und schöner wurde die Landschaft.
Da in Argentinien Sommerferien und zudem Wochenende war, waren die Strassen voll mit ungeduldigen Kolonnenfahrern, Dränglern und überholwütigen Irren.
Bariloche ist eine kleine Stadt in der Provinz Rio Negro und liegt am See Nahuel Huapi und am Fuße der Anden. Der Ort ist Ausgangspunkt für Kletter- und Raftingtouren und ein bekanntes Skigebiet. Jedes Jahr kommen fast eine Millionen Besucher in den 126.000 Einwohner zählenden Ort.
Nach einer Nacht, umgeben von unglaublich laut schnarchenden Reisenden, fuhr ich ins 120 Kilometer entfernte el Bolsón. Hier plante ich meine weitere Route gen Süden und organisierte einen neuen Hinterreifen für einen letzten Wechsel in Punta Arenas in Chile.
Bis Ushuaia mit Zwischenstops in el Chaltén, el Calafate, Puerto Natales und Porto Arenas, waren es noch etwa 2700 Kilometer.
Seit Bariloche sanken die Temperaturen stetig. Niederschlag und Wind nahmen deutlich zu. So war es an der Zeit, nach überwiegend warmen und sommerlichen Monaten, die dicken Handschuhe sowie die Thermowäsche auszukramen. Obwohl es in der Pampa, mit 38°C heiß war, sehnte ich mich bei frischen 11°C schon wieder nach meinem nassgeschwitzen Shirt. Aber jetzt hieß es, sich an die äußeren Umstände zu gewöhnen, denn es sollte die nächsten Wochen so weitergehen.
Von el Bolsón fuhr ich in den Ort Perito Moreno. Der Morgen dort begann damit eine neue Halogenlampe zu finden und das Hostal fluchtartig zu verlassen. Es war eine ganz miese Nacht in einem verrauchten Hostel mit lauten, rücksichtslosen Leuten.
Als ich die Halogenlampe einbauen wollte, sah ich, dass der Stecker komplett verschmort war. Also suchte ich erstmal eine Ferreteria in der Stadt auf und wurde zum Glück gleich fündig. Da die Kabel schlecht zu erreichen waren und ich nicht die gesamte Front auseinandernehmen wollte dauerte es eine gute Stunde bis das Licht wieder brannte.
So ging es weiter, immer die Routa 40 runter, Richtung Chaltén. Hier waren die Strassen wie leergefegt. Lediglich ein paar Autos, darunter ein Österreicher und ein Belgier mit ihren Unimogs und ein paar Motorräder kreuzten meinen Weg. Nach etwa 200 Kilometern endete der Asphalt und es folgte eine 160 Kilometer lange Schotterpiste.
Nach 50 Kilometern stieß ich auf eine dunkle Regenwand und kam ich in einen kleinen Hagelschauer. Es wäre nicht weiter schlimm gewesen, wenn mir daraufhin der pure Wahnsinn erspart geblieben wäre. Durch den kurzen aber heftigen Regenschauer, war die Strasse plötzlich so verschlammt, dass es mich einfach mal ohne Vorwarnung hinlegte. Das Video verdeutlich etwas besser wie es mir erging.
Nach längerer Wartezeit konnte ich, leider mit einem Spiegel weniger, doch noch die Fahrt fortsetzten. Es war schon spät und bis el Chaltén wären es noch 250 Kilometer gewesen, als ich an einer einsam gelegenen Farm namens Siberia vorbeikam und ein Schild mit einem Bett darauf meine Aufmerksamkeit erregte. Es kam mir sehr gelegen, meine (Tor)Tour zu beenden. Von Ausruhen war aber keine Rede, denn jetzt machte ich mich erstmal daran, die dicken Schlammbrocken vom Motorrad zu lösen, was eine gefühlte Ewigkeit dauerte. So etwas hab ich noch nie erlebt und ich hoffe es wird sich nicht wiederholen. Ein Blinker war noch zu kleben und einige weitere Kleinigkeiten, bevor ich etwas essen konnte, um danach direkt ins Bett zu gehen. What a day… Wunderschön aber auch verdammt anstrengend.
Am nächsten Morgen wachte ich erst gegen 9 Uhr auf und sah beim Blick aus dem Fenster wie der Himmel schon wieder zuzog. Ich brach so schnell wie möglich auf, verzichtete auf mein Frühstück um die verbliebenen 80 Kilometer auf trockenem Schotter hinter mich zu bringen. Mit nur noch einem halben Liter im Tank erreichte ich die nächste Tankstelle. Die Zapfsäulen waren verschlossen und meine Frage ob es noch Sprit gäbe wurde verneint. Es wären Reserven vorhanden, aber nur für Polizei, Militär oder Krankenwagen und glücklicherweise verzweifelte Motorradfahrer. Mit vollem Tank und auf asphaltierter Strasse fuhr ich weiter nach el Chaltén.
El Chaltén liegt am Nationalpark los Glacieres und so brach ich am ersten Tag zu einer sieben stündigen und 30 Kilometer langen Wanderung, an den Fuß des Berges Fitz Roy und zurück, auf. Die Wanderung war anstrengender als gedacht, was mir mein danach schmerzendes Knie bestätigte.
Bevor ich in den nächsten Ort, el Calafate aufbrach, machte ich noch eine zweistündige Bootstour an den Rand des Gletschers Viedma.
El Calafte war Anlaufstelle für den Besuch des nächsten Gletschers, den Perito Moreno.
So mächtige Eismassen hatte ich noch nie gesehen. Der höchste Punkt des Gletschers liegt auf 2950 Metern. Von dort erstreckt er sich auf einer Länge von etwa 30 Kilometern bis zum Lago Argentino. Die Gletscherfläche beträgt etwa 254 Quadratkilometer. Eine drei stündige Wanderung mit guten Einblicken in das Innere des Gletschers und so genannten Crampons an den Füßen, konnte ich mir nicht entgehen lassen.
Der weitere Plan war, von el Calafate nach Puerto Natales, was in Chile liegt, zu fahren, um im Nationalpark Torres del Paine zu wandern. Da meine letzen beiden Wanderungen meinem Knie etwas zugesetzt hatten und zudem eine Schlechtwetterfront im Anmarsch war fuhr ich weiter nach Punta Arenas.
Nach dem Wiedersehen mit Orvard (siehe Beitrag Chile) und der Gewissheit, dass meine hintere Federung defekt war, fuhr ich die verbliebenen 270 Kilometer nach Ushuaia. Die Federung leckte, da der Dichtungsring gerissen war.
Es scheint kein Ende der Probleme in Sicht. Orvard hat dieselbe Maschine, Baujahr 2011 ist schwer beladen und hat auf seiner Reise bisher 70.000 Kilometer ohne Probleme und Reparaturen zurückgelegt. Aber was soll ich darüber lamentieren, es ist wie es ist.
Je weiter ich in den Süden vorstieß, umso bergiger und abwechslungsreicher wurde die Landschaft. Es empfingen mich farbenfrohe Wälder, Seen und Lagunen bei kaltem, windigem und teils regnerischem Wetter.
Je näher ich Ushuaia kam, umso mehr spürte ich, dass meine Reise langsam aber sicher zu einem Ende kommen würde. Waren vor einem Jahr die Pläne noch so groß und umfangreich, bin ich mittlerweile verdammt froh es überhaupt nach Ushuaia geschafft zu haben.
Es war schon ein seltsamer und bewegender Moment nach 10 Monaten und 11 Tagen, 61005 gefahrenen Kilometern durch insgesamt 18 Länder, in Ushuaia einzulaufen.
Diese Reise ist der absolute Wahnsinn und ich habe bis auf wenige Ausnahmen, jeden einzelnen Tag genossen. Noch bleiben mir etwa zwei Monate bevor es heißt, sich wieder an das Leben in Deutschland zu gewöhnen. Aber daran mochte ich keine Gedanken verschwenden, denn es lagen noch ein paar tausend Kilometer vor mir.
Die Zeit in Ushuaia verbrachte ich damit die Federung auszubauen und zu einem Mechaniker zu bringen. Moto Pablo, ein Cross Rennfahrer schien dafür die richtige Adresse zu sein. Für ihn war die Arbeit an dieser Federung Neuland aber er wagte sich daran, baute sie auseinander und ein Ventil oben dran und füllte sie wieder mit Öl. Nach fünf Stunden Arbeit konnte ich mich wieder an den Einbau machen.
So konnte ich am folgenden Tag mit Andre einem Holländer, in den noch südlicher gelegenen Nationalpark Lapataia und ans Ende der Ruta 3 fahren.
Das war es auch schon mit meinem Aufenthalt am Ende der Welt, bevor es am nächsten Morgen wieder aufwärts in den Norden und der Sonne entgegen ging.
Am Tag der Abreise aus Ushuaia, präsentierte sich Feuerland von seiner schönsten Seite. Bei sommerlichen Temperaturen und strahlend blauem Himmel, machte ich mich auf nach Rio Gallegos. Pablo hatte mir zuvor noch eine kurze aber spezielle Route empfohlen. Einen kleinen Umweg von drei Kilometern, entlang der ursprünglichen Ruta 3. Für ihn einer der schönsten Orte Patagoniens. Vom Paso Garibaldi führte mich ein steiler, steiniger Pfad an den Ort für meine Mittagspause und Pablo sollte mit seinem Statement Recht behalten.
Ich kam spät abends in Rio Gallegos an. Eine größere Stadt mit Casinos und Einkaufmeile. Alles das, was man nach einem Besuch im tiefsten Süden nicht gebrauchen kann. Am nächsten Morgen und spontaner Entscheidung brach ich doch noch auf, um in den mir schwerstens empfohlenen Nationalpark Torres del Paine, in Chile zu fahren.
Auf dem Rückweg vom Torres del Paine fuhr ich erneut über Rio Gallegos, allerdings auf einer anderen Route und nur, um von dort auf der Ruta 3 in den Norden vorzustoßen. Meine Tankanzeige war wieder im Keller und so fuhr ich inmitten der Pampa zur nächstgelegenen aber leider geschlossenen Tankstelle. Da ich im Display noch eine Reichweite von etwa 100 Kilometern angezeigt bekam, setzte ich meine Fahrt zur nächsten Tankstelle, in 70 Kilometern Entfernung fort. Doch natürlich wurde ich auch da entäuscht. Sie war zwar geöffnet aber es gab nur noch Diesel zu Tanken.
Im Grunde genommen muss man bei jeder Tankstelle in den kleineren Orten damit rechnen, aber hier und jetzt passte es mir überhaupt nicht, denn ich hatte im Nationalpark Torres del Paine meinen Reservekansiter nutzen müssen, stand also mit leerem Tank da. Ich fragte nach Reserven, doch es gab keine, fragte erfolglos bei der Polizei und bei diversen Läden und Einheimischen an. Nachdem keiner im Ort Benzin für mich hatte, fragte ich bei anderen Reisenden ob mir jemand etwas Sprit abzapfen könne. Nach einer halben Stunde erfolgloser Fragerei, bot mir ein Chilene an, meinen Reservekanister kostenfrei zu füllen. Klar, daß mir in Argentinien ein Chilene aushilft. So konnte ich wieder nach Rio Gallegos fahren, tankte auf und fuhr weiter in den Norden nach Piedrabuena um mein Zelt dort aufzuschlagen.
Am nächsten Morgen folgte die dritte Durchquerung des Landes. Diesmal wieder etwas nördlicher, vorbei an Governador Gregores in Richtung Chile. Vor dem Ort Perito Moreno, wo ich auf der Hinfahrt schon durchgekommen war, wollte ich mir die Cuevas las Manos anschauen. Händeabdrücke von Steinzeitmenschen, verewigt an den Wänden einer Höhle. Doch die Schotterpiste war in zu schlechtem Zustand, und es wehte ein heftiger Seitenwind, so dass ich nach 6 von 28 Kilometern umdrehte und auf diese Sehenswürdigkeit verzichtete. Ohne Sturz hätte ich es wohl nicht bis zu den Höhlen geschafft. Der Schotter war von den Autos und Bussen in vier feste, schmale und etwa 10 Zentimeter hohe Längsrillen geteilt.
So fuhr ich nach Perito Moreno um dort mein Zelt aufzuschlagen.
Am nächsten Morgen folgte der vorerst letzte Abschnitt auf argentinischen Strassen. Ich quälte mich eine miserable 104 Kilometer lange Schotterpiste entlang, bis ich endlich chilenischen Asphalt unter den Rädern hatte.
Nach der extrem holprigen und staubigen Fahrt über die Carretera Austral hatten wir, meine Eltern und ich, endlich wieder guten Belag unter den Rädern. Wir trafen uns in Porto Cisnes in Chile. Von hier aus ging es wieder die Ruta 40 hoch bis zum Lago Puelo und ein weiteres Mal nach San Carlos de Bariloche. Von dort nahmen wir den nächsten Pass, den Paso Osorno, zurück nach Chile.
Da es unmöglich war, kurzfristig eine gebrauchte Federung für meine BMW zu organisieren und ich keine Lust hatte den doppelten! Preis für eine Neue zu zahlen, musste ich meine lange gehegten Plan, den Paso de Aqua Negra zu fahren auf Eis legen. Dieser Pass wurde mir von dutzenden Reisenden empfohlen und umso schwerer war es diese Entscheidung zu treffen. So fuhr ich mit gesenktem Kopf und der mit Motoröl gefüllten Federung nach Santiago, um dort meine Reise zu beenden.
Fazit Argentinien:
- Reisedauer: 30 Tage
- gefahrene Kilometer: 7562
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 73,3 km/h
- Durchschnittsverbrauch: 6,6l
- Höchstgeschwindigkeit: 188 km/h
- Roadkills: gesehen: 18x undefinierbar, 12x Hund, 14x Vogel, 36x Hase, 1x Kuh; 4x Guanako, 2x Hamster, 5x Fuchs, 1x Strauß
verursacht: 0x - Polizeikontrollen: 1x
- Strafzettel bekommen: 0x
- Pannen und Reparaturen: 1x Platten in Atacama; 1x neue Bremsscheiben hinten; 1x Halogenlampe und neuer Stecker; 1x rechter Spiegel; 1x hintere Federung
- Unfälle gesehen: 1x Überschlag in Pampa und 1x vor el Chaltén
- bestes Essen: Llomo, Asado, Cordero vom Grill
- schönste Strecken: San Pedro de Atacama nach Salta; Buenos Aires – Bariloche; Ruta 40 und Ruta 3 durch Patagonien
- Highlights: Iguazú; Buenos Aires; Wanderung zum Fitz Roy; Gletscher Perito Moreno; Ankunft in Ushuaia
Argentinien hat einiges zu bieten. Neben den schönen Frauen in Buenos Aires sind die Iguazú-Wasserfälle, die Pampa und natürlich Patagonien zu erwähnen.
Die tausende Kilometer durch Argentinien waren teilweise atemberaubend, teilweise relativ eintönig aber nie langweilig und auch stark von wechselndem Wetter geprägt. Glücklicherweise wurde mir viel Regen erspart, dafür bekam ich umso mehr den hefigen Wind der Weite zu spüren. An einem sehr stürmischen Tag wurde ich gleich zwei Mal von einer Böe quer über die Strasse auf die Gegenfahrbahn geblasen. Ansonsten sind die Strassen frei und das im wahrsten Sinne. Gen Süden ist relativ wenig Verkehr, Polizei oder Radarfallen sucht man vergebens, nur die limitierte Reichweite des Motorrades hinderte mich daran die Ruta 40 als Rennstrecke zu nutzen. Die Präsenz der vielen Roadkills sollte die Wachsamkeit konstant aufrecht erhalten, wenngleich sie anscheinend eher Nachts passieren. Tagsüber sieht man ausser den Guanakos fast keine Tiere aber die Guanakos sind so gut getarnt, dass man manchmal eine ganze Herde erst sehr spät erkennt.
Das mit dem Benzin ist so eine Sache. Ich hatte fast immer das Glück versorgt zu werden aber man muss damit rechnen, dass es in der Weite der Pampa einfach keinen Sprit mehr gibt.
Die Argentinier sind ein stolzes Volk und sprechen im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Ländern ein etwas anderes Castellano Auch durch die kurz zurückliegende Vergangenheit, in der das Land unter der Diktatur von Videla litt, zeugt von dem Drang nach Individualiät. Der Schatten der Vergangenheit ist dennoch oft präsent, gerade in Gesprächen mit schon etwas älteren Leuten.
Die Abende am Grill, der Parilla, mit massenhaft Fleisch und Wein stehen für den Genuss und die entspannte Haltung der Menschen. Nur was die Fahrweise der Argentinier betrifft, scheinen alle gleich zu sein. Man sollte immer wachsam bleiben!
Wer in Argentinien günstig reisen möchte sollte unbedingt US Dollar, für den gesamten Aufenthalt, mit sich bringen und diese in der Calle Florida in Buenos Aires in argentinische Pesos wechseln. Der Kurs auf dem mehr oder weniger tolerierten Schwarzmarkt ist um einiges höher als in Banken oder offiziellen Wechselstuben und so wird das Reisen deutlich billiger.
Wie in allen Großstädten ist auch in Buenos Aires die Armut allgegenwärtig und Trickdiebe treiben ihr Unwesen. Mir blieben schlechte Erfahrungen erspart.
Da mir aufgrund meiner defekten Federung einige schöne Abschnitte Argentiniens vorenthalten blieben muss ich wohl wiederkommen um das nachzuholen. Nur wann und ob wieder mit dem Motorrad steht offen.
So kann ich nur sagen: Don´t cry for me Argentina!