Die Grenze von Peru nach Bolivien war schnell überwunden und es fielen keine Kosten an. Wir konnten also ohne großen Aufwand direkt weiter über Copacabana nach La Paz fahren.
In Copacabana wurde ein kurzer Stop zum Mittagessen eingelegt. Eine weitere Pause folgte nach der Fährüberquerung des Titikakasees in Huatahata, wo wir Senor Esteban besuchten. Es war bereits mein zweiter Besuch bei ihm.
Senor Esteban baute für den norwegischen Abenteurer Thor Heyerdahl die Schilfboote aus Totoraschilf, wie die RA I und II, sowie die Chimok auf der mein Vater 1991, im Auftrag des ZDF, an einer Expedition teilnahm.
Die weitere Fahrt am Titikakasee war schön und entspannt, bis wir die weitläufigen Vororte von La Paz mit ihrem unkontrollierten Verkehr erreichten. Ab da mussten wir uns jede Lücke mit hupen und rufen erkämpfen.
Das langsame Vorankommen in der Rushhour zwang mich zu einem Notstop.
Zwei Tage blieben wir in La Paz um uns die Stadt anzuschauen. La Paz aus der Höhe zu betrachten ist etwas besonderes. Die Stadt ist in die Berge eingebettet und im Hintergrund ragt der 6439 Meter hohe Berg Illimani empor.
Wenn man schonmal mit dem Motorrad in Bolivien ist, darf die Deathroad nicht ausgelassen werden. Sie galt bis 2007 als eine der gefährlichsten Strassen der Welt, mit etwa 200-300 Toten jedes Jahr. Sie beginnt auf 3600 Metern und schraubt sich runter auf 1200 Meter. Mittlerweile stürzen sich überwiegend Mountainbiker oder Nostalgiker die Yungastrasse abwärts. Sie ist außerdem die einzige Strasse Boliviens mit Linksverkehr. So machten wir uns von La Paz auf den Weg diese spektakuläre Strasse zu befahren.
Es ist schon krass so nah am Abgrund entlang zu fahren und in die Tiefe zu schauen aber damals, als es noch viel Verkehr gab, muss es ziemlich heftig zugegangen sein.
Nach etwas über einer Stunde waren wir sicher auf 1200 Metern angekommen.
Jonathan hatte den Plan für die nächsten Tag gemacht. Um nicht nach La Paz zurückkehren zu müssen, fand er eine alternative Strecke, eine reine Dirtroad, mitten durch die Berge. Ich ließ mich natürlich darauf ein und wir begannen eine abgefahrene, zweitägige Tour durch die Coca-Anbaugebiete Boliviens.
Von Coroico aus ging es 115 lange Kilometer bergauf und bergab auf staubiger und steiniger Strasse nach Irupana. Wir waren gute acht Stunden unterwegs und von oben bis unten eingestaubt. Als wir im Ort die Tankstelle suchten, wunderten wir uns über die ewig lange Schlange an Autos bis hin zur Zapfsäule. Nur saß in keinem der Autos ein Fahrer. Im Ort war der Sprit ausgegangen und alle warteten auf den Tanklaster. Zufällig hatten wir ihn Stunden vorher überholt, als er im Graben im Schlamm steckengeblieben war und gerade freigeschaufelt wurde.
Nach einer langen, geruhsamen Nacht ging es morgens weiter auf den zweiten, längeren und härteren Teil. Erster Stop war die Tankstelle. Die Schlange hatte sich schon in Bewegung gesetzt und die Fahrer warteten ungeduldig, bis sie an die Reihe kommen würden. Wir fuhren einfach mal ganz vor um freundlich nach einer Tankfüllung zu fragen. Es wurde uns gestattet und wir konnten uns vollgetankt auf den Weg machen.
[wpvideo 64dvlxza]
Es erwarteten uns kleinste Bergdörfer, massenhaft Cocaplantagen, kleinere Flußdurchquerungen, viel Staub und Steine, steile Abhänge, nette Menschen und gegen Ende viel Regen. Anfangs, nach etwa einer halben Stunde standen drei Autos am Strassenrand. Einer der Fahrer bat uns zu halten und fragte, ob es auf der kommenden Strecke Polizeikontrollen gäbe. Der Grund seiner Fragesei, er habe keinen Führerschein. Ich bezweifel das es ihm um seinen nicht vorhandenen Führerschein ging, aber man weiß ja nie.
Die weitere Strecke zog sich satte 170 Kilometer, danach konnten wir endlich wieder auf Asphalt und nach Oruro weiterfahren. Die Tour war der absolute Wahnsinn und alleine hätte ich sie ziemlich sicher nicht befahren.
In Nahaufnahme im GPS sehen die Streckenabschnitte in etwa so aus.
Von Oruro fuhren wir an Weihnachten weiter nach Potosi. Es ging 300 Kilometer durch das Altiplano Boliviens, mit seiner einmaligen Landschaft. Was mich etwas erschütterte waren die vielen bettelnden Kinder am Strassenrand. Als ich bei den Ersten die ich sah hielt, um ihnen mein Kleingeld zu geben wusste ich nicht, dass es die ganze Zeit so weitergehen würde. Es war ziemlich traurig entlang der Strecke so viel Armut vorzufinden. Ich weiß, dass viele dieser Kinder kein schönes Weihachten haben und sich über jede Kleinigkeit freuen würden. Etwas später kam uns ein Auto entgegen, dass bei den Kindern anhielt um ihnen Geschenke zu überreichen.
Wir blieben drei Tage in Potosi, mit 4090 Metern eine der höchstgelegenen Großstädte der Welt und machten eine Führung durch den “Cerro Rico”, den Berg durch den Potosi, zu Wohlstand gefunden hat.
Die Führung, mit zwei Ex-Minenarbeitern von “Big Deal Tours”, war anstrengend aber absolut Sehenswert. Die Luft ist auf 4000 Metern schon spürbar dünner, und in der Mine auf etwa 4300 Metern, der schlechten Luft und der Anstregung wird es nochmal ne Nummer härter.
Bevor es aber in den Berg ging kauften wir auf dem “Miners Market” Kleinigkeiten für die Arbeiter wie Cocablätter, Dynamit oder Getränke. Danach besuchten wir eine Fabrik, in der die Edelmetalle mittels Chemikalien aus dem Konglomerat gelöst werden. Abbauprodukte sind Zink, Blei und Silber. Das Gemisch, was oben auf dem 3. Bild zu sehen ist, wird ins Ausland zur weiteren Verarbeitung geschickt.
Wir waren knapp drei Stunden in der Mine und durchquerten den Berg auf einer Länge von etwa drei Kilometer. Es war ein beeindruckendes Erlebnis. Leider war es auch erschreckend zu sehen unter welchen Umständen die Bergarbeiter schuften. Nach Meinung unseres Führers, sind die Bergarbeiter fröhliche Menschen und arbeiten gerne in den Minen.
Die Lebenserwartung der Bergleute beträgt im Schnitt 45-55 Jahre und es sterben in den 180 Minen in dem Berg, jedes Jahr 8-10 Bergleute. Wer das Glück hat und beispielsweise auf eine Silberader stösst, der hat ausgesorgt. Es ist eine pure Lotterie.
Potosi ist ausserdem die einzige Stadt weltweit, in der man legal Dynamit kaufen kann. Das ließ ich mir nicht entgehen. So kaufte ich auf dem Markt der Minenarbeiter eine Stange Dynamit, um sie auf unserem weiteren Weg und an geeigneter Stelle, zu zünden.
Nächster Ort war Uyuni, wo wir den größten Salzsee der Welt, den Salar de Uyuni, anschauten.
Am nächsten Tag folgte schon die letzte Etappe Boliviens. Ein Grund das Dynamit loszuwerden.
[wpvideo QGFXVFOB]
Es ging über eine wunderbare Dirtroad in den Süden Boliviens und durch spektakuläre Landschaften nach Chile.
Fazit Bolivien:
- Reisedauer: 8 Tage
- gefahrene Kilometer: 1482
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 51,2 km/h
- Durchschnittsverbrauch: 5,5 l
- Höchstgeschwindigkeit: 165 km/h
- Roadkills: gesehen: 2x undefinierbar, 3x Hund, verursacht: 0x
- Polizeikontrollen: 2x, 1x mit kleiner Abzocke an einer Peaje
- Strafzettel bekommen: 0x
- Unfälle: 1x Truck abseits der Strasse, 1x Crash in Wüste
- bestes Essen: Lamasteak an Weihnachten
- schönste Strecken: Deathroad; Coroico – Oruro; Oruro – Potosi; Uyuni – chilenische Grenze
- Highlights: Dirtroads abseits der Hauptverkehrsstrassen; Altiplano; Uyuni
Was einem beim Wechsel von Peru nach Bolivien auffällt, ist einerseits die weit verbreitete Armut, der Anteil an arbeitenden oder bettelnden Kindern ist extrem hoch aber auch viele Erwachsenen sind auf milde Gaben angewiesen, sowie der, wie schon so oft erwähnte überall verstreute Müll. Die schönsten Flecken werden leider zu Müllhalden.
Die Bolivianer sind eher schüchtern und zurückhaltend und auch nicht immer freundlich. Es scheint auch an der Tagesordnung die Preise für Touristen willkürlich zu erhöhen, um nach Möglichkeit etwas Geld zusätzlich abzugreifen. So kann man in einem Hostal mit Garage davon ausgehen, dass fürs Parken etwas zusätzlich gefordert wird. Allerdings wird das erst angekündigt, wenn die Zimmer bezogen und die Motorräder schon geparkt sind. Mit einem freundlichen und bestimmten, “ich denke eher nicht”, lässt sich das aber umgehen.
Eine Besonderheit Boliviens erfährt man als motorisierter Reisender an den Tankstellen. Es gelten für Touristen andere Preise als für die Bolivianer. An einigen Tankstellen wurden wir abgewunken, weil der Tankwart den bürokratischen Aufwand, eine Rechnung zu schreiben, vermeiden möchte. An anderen zahlten wir den heimischen Kurs und wieder an anderen wurde es doppelt so teuer. Bolivianer zahlen normalerweise etwa 3,4 Bolivianos pro Liter, Touristen 8,94 Bolivianos (6,7 Bolivianos sind ein USD).
Da vor vielen Tankstellen lange Schlangen sind und man nicht weiß, wann die nächste Tankstelle kommt, tankten wir immer wenn es nötig und möglich war.
Die Landschaften Boliviens sind sehr abwechslungsreich und extrem schön. Das Altiplano oder die Yungas, die vielen Berge oder die Salzwüste, es gibt viele spektakuläre Aussichten mit spektakulären Strassen. Für mich waren es einige der besten Rides meiner Reise.